Drittes Autonomiestatut: Soll die Schutzmachtrolle Österreichs beseitigt werden?

1946 wurde Österreich die Forderung nach Rückkehr Südtirols mit dem Pariser Autonomie-Vertrag abgekauft. 1948 verkehrte Italien mit dem Ersten Autonomiestatut den Sinn des unpräzise abgefassten Schutzvertrages durch die Anbindung Südtirols an das Trentino in sein Gegenteil. Das von den Faschisten begonnene  Entnationalisierungsprogramm wurde von der Republik Italien subtiler, aber mit unverminderter Konsequenz fortgeführt. Damit begann der Weg in eine Tragödie mit Leid und Opfern, bis mit dem Autonomiepaket von 1969 und dem Zweiten Autonomiestatut von 1972 eine verbesserte Autonomie erreicht werden konnte. Als Streitschlichtungsinstanz wurde damals der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag vereinbart.

Der Pferdefuß war, dass mit der Streitbeilegungserklärung Italiens und Österreichs an die UNO die beiderseitigen Rechtsstandpunkte ausdrücklich „unpräjudiziert“ gelassen wurden. Italien stand und steht auf dem Standpunkt, dass bereits mit dem Ersten Autonomiestatut der Pariser Vertrag erfüllt worden sei und es sich bei dem Zweiten Autonomiestatut um freiwillige Mehrleistungen handle. Österreich hingegen betrachtet dieses als notwendig zur Erfüllung des Pariser Vertrages.

Im Falle einer Autonomiebeschneidung hätte nun der IGH zu entscheiden, ob diese als Verletzung des unpräzisen und nur 40 Maschinenschreibzeilen umfassenden Pariser Vertrages zu werten sei.

1992 hat der Völkerrechtsexperte Prof. Dr. Matscher im Auftrag der Bundesregierung in zwei Memoranden festgestellt, dass nur äußerst grundlegende Autonomieverletzungen mit Erfolg eingeklagt werden könnten.

Angesichts des hohen Prozess-Risikos hat die Republik Österreich daher trotz römischer Autonomiebeschränkungen stets den Weg zum IGH gescheut. Aber auch Italien hat nur eine fortlaufende scheibchenweise Beschneidung der Autonomie gewagt und allzu große Eingriffe gescheut. Auch hier hat man das Restrisiko gefürchtet, gemäß dem alten Sprichwort: „Auf hoher See und vor Gericht stehen wir alle in Gottes Hand!“ Wenn aber jetzt im offiziell verkündeten Einvernehmen zwischen Rom und Bozen ein Drittes Autonomiestatut ohne vertragliche Einbindung Österreichs als Garantiemacht ausverhandelt und vereinbart wird, dann stellt sich die Frage, ob in Zukunft überhaupt noch eine Schutzmachtrolle Österreichs im Sinne einer Befassung des IGH gegeben sein wird.

Roland Riz und andere Altmandatare der SVP sind offenbar der Auffassung, dass mit diesem Schritt die internationale Verankerung komplett fallen könnte und damit nur noch italienische Rechtsinstanzen für den „Rechtsschutz“ zuständig wären. Sie meinen, dass zusätzliche Kompetenzen durchaus auch zu einem weiter bestehenden Zweiten Autonomiestatut hinzugefügt werden können.

Unsere verantwortlichen Politiker sind dazu aufgerufen, dies eingehend zu prüfen und ihre Handlungen zu begründen und zu rechtfertigen!

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